kürbis an sich

„Kürbis an sich wird ja überschätzt“, sagt alle Jahre wieder ein guter Freund von mir, wenn die Kürbiscremesuppen als Vorspeise Nr.1 die herbstlichen Speisekarten fluten. Er scheint Bestandteil einer Minderheit zu sein, denn die Vielzahl der Gerichte, die mit Kürbis zubereitet werden, nimmt ständig zu, es scheint, dass der Kürbis sich anschickt, die kulinarische Weltherrschaft zu übernehmen, zumindest im Herbst. Eine kleine Auswahl an Rezepttiteln aus dem Netz:

Kürbis…

bruschettagebackenflammkuchenchutneyeintopfgnocchipüreequichelasagnegulaschrisottobrotpuffermuffinsmarmeladepastaauflaufsalatfermentiertsaftcheesecakeravioli – und ach so, natürlich, die – cremesuppen

Dies alles möglich gemacht, hat wohl die Etablierung des Hokkaido auf dem heimischen Markt, auch für Selbstanbauer. Ich hab‘ mal ein bisschen gelesen, weil es in meiner Kindheit wohl Kürbis gab, aber nur aus dem Glas, süß-sauer eingelegt von Oma. Der Vorteil des Hokkaido, der ab den 90er Jahren Küchen und Gärten eroberte, liegt auf der Hand: nicht so groß, essbare Schale, somit einfacher in der Zubereitung.

Dennoch, auch früher wurde der Kürbis geschätzt, auch wegen einer Optik. Ich habe ein wirklich langes Gedicht von Barthold Heinrich Brockes (1680-1747) gefunden, der die Jahre 1735-1740 in der kleinen Stadt an der Elbmündung, in der ich lebe, als hamburgischer Amtmann in Ortsteil Ritzebüttel tätig war. (Wieder was gelernt…, also ich. Der Straßenname „Brockesweg“ bekommt eine ganz neue Dimension.) Es findet sich in dem »Landleben in Ritzebüttel« genannten siebten Band seines »Irdischen Vergnügens in Gott«. Ein Auszug:

Der Kürbis

[…] Die Frucht, die wohl von allen Früchten

Die allergrösseste, verdient mit allem Recht,

Daß wir auf sie so Geist als Augen richten. […]

Daß an so niedrigem und dünnem Stiele

Solch eine grosse Frucht, ja gar, daß ihrer viele

Daran zugleich entstehn und wachsen können,

Ist wohl mit Recht ein Wunder-Werck zu nennen.

Noch macht uns die Natur in einem Kürbis kund,

Wie sehr sie an Veränd’rung reich,

Da diese Frucht zugleich

Bald lang, bald rund. […]

Er scheinet recht gewunden,

Und theilt die Striche richtig ein,

Die unterwärts und oberwärts mit Haufen

In einen Mittel-Punct zusammen lauffen.

Viel‘ andre werden noch gefunden,

Die, grossen Flaschen gleich, gestreckt und länglich seyn.

Es lässt recht unvergleichlich schön,

Wenn wir von ihnen viel auf einem Haufen sehn,

Da so viel Farben, die sie zieren,

Besonders Aug‘ und Hertze rühren.

Eine Ode an den Kürbis. Herrlich. Ich mag ihn auch und teile die Ansicht meines oben erwähnten Freundes nicht. Der Kürbis auf dem Beitragsbild ist übrigens ein ganz besonderer: Mein erster eigener. Aus dem Garten. Aus dem in diesem Sommer angelegten Hochbeet. Erfolgreich vor den Schnecken verteidigt. Hier noch einmal etwas atmosphärischer inszeniert, um der Stimmung des Gedichtes gerecht zu werden:

kürbis an sich

Wie ich ihn mag?

Lieblingskürbis

Am liebsten ganz.einfach. in Spalten geschnitten, die eingeölt auf einem Blech ausgelegt und gebacken werden. Grobes Salz, grob gemahlener Pfeffer darüber und Kräuterquark dazu. Durch das Backen wird er nussiger, intensiver und ein bisschen süßer im Geschmack, was mit den groben Salzkristallen für mich eine tolle Kombination im Mund ergibt. Und was die Kürbiscremesuppen betrifft, so bin ich eine Freundin davon, den Kürbis nicht in Brühe oder Fond weichzudünsten und zu pürieren, sondern ihn zunächst ebenso zu backen und erst dann mit den restlichen Zutaten für die Suppe zu verarbeiten. Probiert es aus:

Den gebackenen Kürbis (ungewürzt) würfeln und mit Gemüsefond zur gewünschten Konsistenz pürieren. Anschließend, in einer „exotischeren“ Variante mit Kokosmilch, Chili, Ingwer etc. oder eher traditionell mit Sahne, Salz, Pfeffer und etwas Muskat vollenden, vieles geht (siehe oben), nichts muss. Ich finde es schön, den eigenen Geschmack eines Produktes zur Geltung zu bringen. Das Backen trägt in diesem Fall dazu bei. Deshalb sollte auch nicht totgewürzt werden, wenn ich an einer orangefarbenen Suppe nicht mehr herausschmecke, ob Kürbis oder Möhrchen die Basis sind, ist meines Erachtens etwas schiefgegangen. Eine Schwäche, die für etwas mehr Aufwand und Abwasch sorgt habe ich allerdings: Ich mag es, wenn Cremesuppen wirklich glatt sind, ich streiche sie also durch ein Sieb. Und ich mag es, wenn noch etwas drauf ist, und wenn es nur ein Schuss Kürbiskernöl und ein paar Kerne sind. Ein Scampispieß geht zur Not aber auch.

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